"Es ist unglaublich: Wir schauen einfach um uns und wissen sofort, wo wir sind", erklärt Russel Epstein, Hirnforscher am "Massachusetts Institute of Technology". Was für das Gehirn ein Kinderspiel zu sein scheint, würde jeden Computer an die Grenzen seiner Leistungsfähgikeit führen.

Epstein und seine Kollegin Nancy Kanwisher haben jetzt eine Region im Gehirn aufgespürt, die in diese Aufgabe involviert ist. Wie sie heute in der Fachzeitschrift "Nature" berichten, wird dazu der Parahippocampale Cortex aktiv, ein Gebiet tief im Gehirn, das etwa die Größe eines Stück Würfelzuckers hat. Es sendet seine Signale an den Hippocampus weiter, der das Gedächtnis des Gehirns organisiert.

Für ihre Untersuchungen legten Epstein und Kanwisher Versuchspersonen Fotos von verschiedenen Szenen und Objekten vor. Dabei beobachteten sie mit einem Kernspintomographen, welche Regionen des Gehirns beim Betrachten der Bilder aktiv wurden. Schauten die Personen Aufnahmen von begehbaren Räumen an, wurde vor allem der Parahippocampale Cortex aktiv. Zu diesen Fotos gehörten etwa Aufnahmen von grünen Wiesen, Wohnzimmern, Supermärkten oder Straßen. Betrachteten die Personen hingegen Objekte, die keinen Ort aufweisen, waren andere Hirnregionen aktiv. Hierzu zählen Gesichter, Möbel oder abstrakte Bilder. "Das überrascht! Nur wenige Wissenschaftler hätten gedacht, daß dieser bestimmte Prozeß, einen eigenen Gehirnteil besitzt", sagt Kanwisher.

Quelle: Andreas Wawrzinek, UPI, 16.4.1998